Sinta Werner (D)

Sinta Werner, Der subversive Raum

Der subversive Raum

Vernissage: Sa, 7. März 2009, 19.00 Uhr
Es spricht: Claudia-Maria Luenig, Künstlerin und Kuratorin (basement)
Eröffnung: LAbg. Bürgermeisterin Erika Adensamer

08.03.2009 - 12.04.2009

Das Spiel mit der Illusion – ein Paradoxon
Mit ihren Raumkonstruktionen und Fotocollagen schafft Sinta Werner ein gedankliches Vexierbild, in dem das imaginierte Bild und die Realität analogisch miteinander verbunden sind. Der tatsächliche Raum erscheint als Bild des Raumes, wird flächig und irreal.
Sinta Werner produziert die Kulisse ihrer Täuschungsmanöver in fast malerischer Weise, Ähnlichkeiten entwerfend, ohne Perfektion simulieren zu wollen. Faktum bleibt das anfängliche Bild, das Bild der Täuschung, dessen Verführungskraft und eigene Realität. Damit etabliert Sinta Werner eine Bildhaftigkeit des Raumes, an der sich Realität und Illusion messen lassen. Eine Illusion aufzuspalten und in die profane Realitätswelt zurückfallen zulassen besitzt eine latente Kraft, birgt eine Gefahr. Sinta Werner versetzt den Betrachter in einen unbestimmten Zustand, er befindet sich in der Schwebe seiner Wahrnehmungsfähigkeit. Ein Moment des Kontrollverlustes – ein Moment der Zerstörung entsteht. Der Betrachter steht in einer kulissenartigen Realität, die auf den tatsächlichen Raum verweist und gleichzeitig Sinnestäuschungen variiert – er verliert in der Tat den Boden unter den Füßen.
Die Idee des Zerschneidens, Auflösens und Versetzens von Innenräumen, Fensterausblicken und Gebäudefassaden führt Sinta Werner präzise in ihren Foto- und Kopiecollagen aus, in denen der Schnitt mit dem Skalpell eine haarscharfe Kante bildet – beispielsweise: Space Collages, 2007, Fotopapier, 20 x 26 cm – . Hier entfaltet die Idee des Herauslösens und Selektierens durch den Schnitt eine subtile Brisanz. Die Collagen, die im Gegensatz zu den Raumkonstruktionen Bild sind und bleiben, wirken stringent und zudem variabel: Sie wecken eine horrible, spielerische Lust die Idee der Zerlegung und Auflösung auf unzählige Räume und Gebäude zu kopieren.
Seit Luis Bunuels metaphorisierten Schnitt mit dem Rasiermesser bezieht sich der Akt des Schneidens auf den geistigen Augenblick einen wahren Moment hinter einem zuvor existierenden Bild unweigerlich anzuerkennen. Dabei werden die Realität des Bildes und die Manifestation der Desillusionierung miteinander verbunden: Ein changierendes Bild für den Akt der Erkenntnis. Der Verlust einer zuvor anerkannten Realität ist auch ein physisch existenzieller Moment. Sinta Werner ruft mit ihren Variationen der Täuschung und Realitätsverlusten diese Momente im Betrachter immer wieder hervor. Sie macht den Betrachter zum Protagonisten, der ihre bühnenartigen Raumkonstruktionen betritt und den Täuschungen unterliegt, zum entlarvenden, kommissarischen Entdecker, der die Konstruktion und die Täuschungsbilder dechiffriert und zum Zuschauer seiner Selbstwahrnehmung. Ähnlich dem Teatro Farnese – architektonischer, barocker Bühnenraum von Giovanni Batissta Aleotti, 1618, Parma, Italien – kalkuliert Sinta Werner einen optimalen Betrachterstandort, von dem aus der Eindruck einer perspektivischen Raumillusion entstehen kann. Gleichzeitig bleiben die dreidimensional gebauten Kulissen Bühnenraum – ein Bühnenraum für die Betrachtung selbst.
Birgit Szepanski

Biographie:
*1977 geboren in Hattingen
lebt und arbeitet in Berlin

1996 Abitur am John-Lennon-Gymnasium, Berlin
1999–2001 Malereistudium an der Kunsthochschule, Berlin-Weißensee
2001-2004 Studium der Bildenden Kunst an der HdK Berlin, Klasse Henning Kürschner
07/2003 Absolventenprüfung an der UdK Berlin
2003 Austauschprogramm ans Hunter College, New York
07/2004 Meisterschülerprüfung an der UdK Berlin
2006-2007 Master of Fine Arts, Goldsmiths College, London

<EINZELAUSSTELLUNGEN>
2008 ‘The Third Floor’/ COMA, Centre for Opinions in Music an Art, Berlin
2008 ‘Grey Areas’/ NETTIE HORN, London

<GRUPPENAUSSTELLUNGEN>
2008 ‘Wide Angels’ / Stedefreund, Berlin
‘Sichtbarkeiten’ / Projektgalerie Hofmann von Sell
2007 ‘Goldsmiths MFA Show’ / Goldsmiths College, London
‘Final Celeste Art Prize 2007’ / Old Truman Brewery, London
‘Second Leg Finalists‘Exhibition’ / Lyon § Turnbull Gallery, Edinburgh
‘Scheinriesen’ / Stedefreund, Berlin
‘Stopover’ / ADA Street Gallery, London
2006 ‘Eastwood’ / Moschee, Karl-Marx-Str. 58, Berlin
‘Grand Narrative’ / Galerie Bergstübl-Projekte
2005 ‘Buntes’ / Galerie Weißer Elefant
‘Seesaw’ / Berliner Kunstprojekt
‘Electric Ladyland’ / Umformwerk, Berlin
‘Klasse Kürschner’ / Foyer at UdK, Berlin
2003 ‘Sideshow’ / »imug:«, Galerie sphn
‘Neue Bilder III’ / Galerie für aktuelle Malerei

<STIPENDIEN>
2008 Goldrausch Künstlerinnenprojekt art IT
Ateleierstipendium der Karl Hofer Gesellschaft
2006-2007 Jahresstipendium des DAAD für das akademische Jahr 2006/2007 in Großbritannien
2003 NICA-Stipendium der Universität der Künste, Berlin
2003 Fulbright Reisestipendium