Ulrike Johannsen

Love Lounge 3

Vernissage: Fr, 23. April 2004, um 19 Uhr
Einführende Worte: Annette Südbeck
Konzert: Band Fugu, 22. Mai 2004, um 19 Uhr

24.04.2004 - 30.05.2004

…the things that are pleasin you can hurt you somehow…
Desperado by Don Henley and Glenn Frey

„Ulrike Johannsen hinterfragt in ihren Installationen, Objekten und Papierarbeiten die Glücksversprechen und Verheißungen unserer auf Konsum ausgerichteten Lifestylekultur. Sie zitiert, verarbeitet und manipuliert die verführerische Sprache einer Pop- und Kulturindustrie, die ihrem Anspruch nach alle Lebensbereiche erfasst. Dabei geht es ihr nicht, wie in der Popart der sechziger Jahre, um die Aufwertung einer Subkultur – Popmusik, Hollywoodfilme, Comics und andere Formen der „low culture“ sind längst zu einem festen Bestandteil des Referenzsystems Kunst geworden – vielmehr verfolgt sie eine Strategie, die aus der Perspektive einer Teilnehmerin Identifikationspotenziale innerhalb der Banalitäten über Liebe und Einsamkeit, Spaß und Schmerz auslotet. Dem Pop-Mythos der Unmittelbarkeit, unverfälschten Authentizität und glaubwürdiger Idole begegnet Ulrike Johannsen dabei mit Momenten der Sinnsuche und Selbstbefragung, die in der Verschränkung mit persönlichen Geschichten, Erinnerungen und Erfahrungen Handlungsformen generieren, welche die Konsumentenhaltung durchbrechen und subversiv unterlaufen.  Ausgangspunkt der von Ulrike Johannsen für den Kunstverein Baden entwickelten Ausstellung sind die Lebensideale und Träume, die in der Discowelle der siebziger Jahre ihren Ausdruck fanden.  In der Installation Love Lounge 3 offeriert Johannsen den BesucherInnen einen Kubus, der wie ein Hochsitz nur über eine schmale Leiter zu besteigen ist und dessen Wände im Inneren mit kleinen Spiegel ausgekleidet wurden. Die Spiegelfliesen sind ein Zitat eben jener Diskoästhetik, die mit kühlen, metallisch reflektierenden Oberflächen und Stroboskoplicht Erlebnisräume zur Bewusstseinserweiterung schaffen und den Tanz   als Befreiung feiern wollte. In der Verengung des Raums zur Höhle –  in dem Kubus findet nur eine Person Platz – wird die zerbrochene Spiegelfläche jedoch zugleich zu einem Instrument der Selbstbefragung. Der perspektivisch geordnete Tiefenraum ist zersplittert und der Betrachter oder die Betrachterin sieht sich, in der Reflektion vervielfacht, auf sich selbst zurückgeworfen, einem Innenraum gegenüber, der in seinen Dimensionen und Begrenzungen nicht auszumachen ist.  Mit den Schnittstellen individueller und populärkultureller Mythologien spielt Ulrike Johannsen auch in ihren Papiercollagen. Einem strengen Konzept folgend fügt sie einzelne, aus Zeitschriften und Werbeplakaten ausgeschnittene Buchstaben zu Songtexten zusammen und klebt diese wiederum in Zeitschriften oder auf Werbeplakate. Im Zusammenspiel mit den Artikeln und Anzeigen konstruieren diese Einschreibungen neue Bedeutungen, welche die ursprünglichen, animierenden Werbebotschaften kommentieren und häufig auch konterkarieren. Der Moment der Aneignung des Popsongs als eine persönliche Botschaft bzw. Lebensphilosophie zeigt sich dabei deutlich im Duktus. Als Spur des aktiven Handelns ist das händische Ausschneiden und Aufkleben der Buchstaben der glatten Ästhetik der Hochglanzmagazine nahezu diametral entgegengesetzt. Für die Ausstellung im Kunstverein Baden wird Ulrike Johannsen ihre in den letzten Jahren entstandene Werkgruppe der Einschreibungen in Form einer Wandarbeit weiterentwickeln.“ (Annette Südbeck)