Holding Breaths
Beim Schlafen, Zeichnen und Musizieren, Gehen, Sitzen und Liegen, Arbeiten, Reisen und Nichtstun, in jeder Klimazone, zu jeder Tageszeit und in jedem Moment: Der Atem ist unser stiller Begleiter, Lebensspender und die erste individuelle Kontaktzone zur Welt. Die Permanenz seines rhythmischen Loops bleibt im Unbewussten verborgen, bis eine subtile oder abrupte Veränderung, aktiv vorgenommen oder passiv initiiert, seine Präsenz offenbart. Wir halten in Stille oder Andacht inne, verweilen in einer Atemübung oder erstarren vor Schock, Überraschung oder Entsetzen in Atemlosigkeit und setzen den Atem jeweils für einen Augenblick aus. Hier wird die grammatikalische und physische Unmöglichkeit des Haltens mehrerer Atemzüge zugleich evident: Der Atem ist eine untrennbare Einheit und daher nicht von einem Individuum allein multiplizier- oder teilbar. Erst im kollektiven Zusammenkommen kann mehr als ein Atemzug zur selben Zeit angehalten werden.
In der Ausstellung Holding Breaths begegnen sich die künstlerischen Zugangsweisen von Anne Glassner, Lavinia Lanner und Hyeji Nam. Den Künstlerinnen ist eine konzeptuelle und performative Praxis gemeinsam, die den unscheinbaren aber kostbaren Zwischenformen und Momenten größte Aufmerksamkeit schenkt. So erfährt auch das Konzept Atem neue performative Qualitäten, die sich zwischen Achtsamkeit und Langeweile, Zeiterfassung und Zeitlosigkeit sowie Disruption und Intention bewegen.
Auszug aus dem Text von Andrea Kopranovic
Ihre Performances, Videos, Installationen und Zeichnungen beschäftigen sich mit intensiven Beobachtungen von wiederkehrenden, alltäglichen Handlungen. Das Thema Schlaf ist ein zentraler Punkt ihrer künstlerischen Arbeit, was sie unter anderem durch Schlaf-Performances zum Ausdruck bringt, bei denen sie sich an ungewöhnlichen Orten beim Schlafen beobachten lässt. In ihren Arbeiten verwischt sie die Grenzen zwischen Kunst und Leben sowie Fiktion und Realität und wirft Fragen nach Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie nach den Überschneidungen von Privatem und Öffentlichem auf.
Im Mittelpunkt ihrer künstlerischen Praxis steht die Zeichnung, genauer 3B-Bleistift auf Papier. In kleinen und großen Formaten lotet sie die Fähigkeit der Zeichnung aus, in andere Rollen zu schlüpfen – wie jenen von Skulpturen, pelzigen Objekte, metallischen Monumenten und Pinselstrichen. Andere Serien umfassen Zeichnungen von gefundenen Objekten, die, in einer Nahaufnahme präsentiert, in einem völlig neuen Kontext wieder auferstehen. Zunehmend öffnet sich ihre Praxis einem installativen Ansatz, bei dem das Publikum der Zeichnung in einem unkonventionellen, performativen Setting begegnet.
ist eine interdisziplinäre Künstlerin, Musikerin und Forscherin, die sich mit der Neuschreibung historischer und kultureller Narrative durch verkörperte Ansätze beschäftigt. Sie nutzt Performance, Klang, Installation und digitale Technologien, um affektive Räume zu kreieren, in denen Körper auf Code trifft und Geschichte(n) durch widerständiges, sinnliches Storytelling neu interpretiert werden. Dabei verwebt sie Literatur, Sexualität, soziale Tabus und Kulturpolitik und nutzt digitale Werkzeuge als Medium und Metapher.